26. April 2024
Mehr arbeiten bei gleichem Lohn:
Die Industriellenvereinigung fordert eine 41-Stunden-Woche. Zusätzlich sollen auch noch Feiertage abgeschafft werden.
Die SPÖ und die Gewerkschaften sehen darin einen Angriff auf die Rechte der arbeitenden Bevölkerung. Sie fordern stattdessen eine Arbeitszeitverkürzung.
Die Industriellenvereinigung (IV) will die Menschen zu mehr Arbeit verpflichten – konkret zu 41 Stunden pro Woche.
Es gehe um “mehr Leistung”, betont IV-Chef Georg Knill. Dabei zeigen viele Pilotprojekte, dass nicht mehr, sondern weniger Arbeit zu mehr Leistung führt. Denn wer weniger arbeitet, lebt gesünder und zufriedener – und ist deshalb produktiver. Dass gesunde und zufriedene Mitarbeiter:innen die Produktivität steigern, wird von der IV jedoch bewusst verschwiegen, genauso wie die überschießenden Kosten für das Gesundheitssystem, die bereits jetzt durch zahlreiche Burn-outs und Stresserkrankungen entstehen.
Um die Profite für Konzerne und Superreiche zu steigern, sollen die Arbeiter:innen noch weniger Zeit für ihr eigenes Leben haben. An der Seite der Industriellenvereinigung steht dabei wie immer die ÖVP.
Mehr Arbeit = mehr Produktivität?
Der Chef der IV fordert eine Abkehr vom Wunsch vieler Menschen nach einer Arbeitszeitverkürzung. Er spricht davon, dass der Wohlstand aller nur durch eine längere Wochenarbeitszeit gesichert werden kann – ohne Lohnausgleich. Die einzige Rettung für Österreich sieht er in einer Erhöhung der Arbeitszeit auf 41 Stunden pro Woche, sowie in einer Begrenzung der Feiertage.
Die niedrigen Steuern für Konzerne und Superreiche lässt er dabei aus.
Statt der 41-Stunden-Woche testen viele Länder die 4-Tage-Woche
Dabei zeigen zeitgemäße Modelle der Arbeitszeitgestaltung in vielen anderen Ländern schon lange, dass weniger Arbeit oft zu mehr Produktivität führt. Man stellt sich also unweigerlich die Frage: Wie weit möchten die Industriellenvereinigung und ihr nahestehende Parteien wie die ÖVP den Zahn der Zeit zurückdrehen?
Gemeinsamer PR-Gag von ÖVP und Industriellenvereinigung?
Die ÖVP-Ministerin Edtstadtler stimmte dem Vorschlag der Industriellenvereinigung zur 41-Stunden-Woche zuerst zu: „Wenn wir unseren Wohlstand erhalten wollen, müssen wir wahrscheinlich mehr arbeiten statt weniger arbeiten.“ Edtstadler kritisiert die Idee einer Arbeitszeitverkürzung und wertet den Wunsch nach einer ausgeglichenen Work-Life-Balance als „linke Träume“ ab. Später erklärte sie via APA, dass sie es nicht so gemeint hat.
ÖVP-Bundeskanzler Karl Nehammer legte nach und beteuerte, dass es keine Arbeitszeiterhöhung geben soll. Doch dabei könnte es sich nur um einen PR-Gag handeln. Denn in der Vergangenheit hat die ÖVP bereits zahlreiche Verschlechterungen für Arbeitnehmer:innen beschlossen – zum Beispiel hat sie den 12-Stunden-Tag eingeführt. Damit hat die ÖVP ihre Linie bereits deutlich demonstriert. Nun lässt sie sich dafür feiern, den Status quo zu erhalten. Gleichzeitig signalisiert sie der eigenen Lobby – den Unternehmen – Offenheit für ihre Wünsche nach mehr Wochenarbeitszeit.
Forderung der Industriellenvereinigung nach 41-Stunden-Woche für SPÖ: „Lohnraub per Gesetz“
Nach dem Vorschlag folgte prompt Gegenwind von SPÖ und Gewerkschaften. Barbara Teiber, die Vorsitzende der GPA, verurteilte die Idee als „Affront gegenüber den Arbeitnehmer:innen, die durch ihre Leistungsbereitschaft unser Land zu einem der reichsten Europas gemacht haben“. Sie betonte, dass eine kürzere Arbeitszeit eine gerechtere Lösung sei und eine angemessene Anerkennung der Leistung der Arbeitenden darstelle.
Ähnlich äußert sich SPÖ-Bundesgeschäftsführer Klaus Seltenheim, der den Vorschlag als einen weiteren Angriff auf die arbeitende Bevölkerung sieht. Er macht darauf aufmerksam, dass es viele Menschen bereits jetzt nicht gesund in den Ruhestand schaffen. Seltenheim erklärte, dass Unternehmen in den vergangenen Jahrzehnten erheblich von der gestiegenen Produktivität profitiert haben. Nun sei es an der Zeit, dass auch die Arbeitnehmer:innen ihren gerechten Anteil erhalten.
SPÖ-Chef Andreas Babler bezeichnete den Vorschlag als „traurigen Gag“. Bei solchen Forderungen müsse man sich „auf den Kopf greifen”. Babler forderte mehr Respekt für die Menschen, die tagtäglich zur Arbeit gehen. Die SPÖ fordert schon länger eine schrittweise Verkürzung der Wochenarbeitszeit auf 32 Stunden.
Quelle https://kontrast.at/41-stunden-woche/